30.05.2016
 3 Minuten

Tudor vs. Rolex

Von Bert Buijsrogge

Es ist allgemein bekannt, dass Rolex und Tudor eine lange Tradition haben. Rolex wurde 1905 als Wilsdorf & Davis in London gegründet, der Name Rolex wurde aber erst ein paar Jahre später, nämlich 1908, eingetragen. 1919 zog das Unternehmen nach Genf in die Schweiz um, wo es noch heute ansässig ist. Tudor wurde 1926 für Wilsdorf von dem Uhrenhersteller und -händler Veuve de Philippe Hüther unter dem Namen „The Tudor“ registriert. 1936 wurde die Marke an Wilsdorf zurückgegeben. „Montres Tudor S.A.“, wie wir die Firma heute kennen, wurde 1946 von Wilsdorf gegründet.

Nur die „Rolex des kleinen Mannes“?

In einer persönlichen Erklärung von Wilsdorf kündigte Tudor 1952 die Tudor Oyster Prince als eine Uhr an, „die von unseren Fachhändlern preisgünstiger verkauft werden kann als unsere Rolex, die jedoch ebenso zuverlässig ist“. In den Augen vieler Uhrenfans galt sie lange Zeit als die „Rolex des kleinen Mannes“. Doch wird ihr das gerecht? Tudor hat Modelle herausgebracht, die der Rolex-Kollektion ähneln und eine klare Verwandtschaft zu Rolex zeigen, und sogar Teile mit Rolex-Markierung verbaut. Vergleichen Sie nur mal eine Tudor und eine Rolex Submariner aus den 60ern oder 70ern – die Ähnlichkeiten sind optisch und technisch mehr als deutlich.

Stetige Entwicklung

Doch ein paar Jahrzehnte später scheinen sich die Dinge allmählich zu wandeln. Rolex ist ein Unternehmen, das nicht so sehr der Vergangenheit nachhängt. Die Marke produziert ausschließlich Uhren nach eigenem Konzept, mit dem Blick nach vorne und nicht zurück auf die eigene Tradition. Die gibt es natürlich, doch man orientiert sich nicht an ihr. Ein Beispiel dafür ist die Neuauflage der GMT-Master „Pepsi“ mit Keramiklünette, die nur in Kombination mit Weißgold auf den Markt kam, wodurch sie für viele, wenn nicht die meisten Sammler, unerschwinglich ist. Tudor hat sich hingegen in vielerlei Hinsicht stark und anders als Rolex weiterentwickelt. Sie experimentieren zwar mit vielen neuen Techniken und Verfahren, bleiben dabei aber ihrer Tradition stets treu.

Man könnte sagen, dass der entscheidende Wandel 2010 bzw. 2011 mit der Einführung des Heritage Chronographen und der Heritage Advisor einsetzte. Beide Modelle sind sehr schöne, moderne Interpretationen klassischer Tudor-Sammlerstücke. Im Grunde haben sie den Weg für eine Uhr geebnet, die zu einer der größten Erfolgsgeschichten der Branche werden sollte: Mit der Einführung der Heritage Black Bay hat Tudor 2012 neue Maßstäbe für die Marke gesetzt. Sie haben der Submariner einen moderneren Look verpasst, wobei ihr Erbe deutlich erkennbar geblieben ist – und ihr Preis erschwinglich!

Große Uhr, breite Auswahl

Auf der Baselworld 2016 hat Tudor bekanntgegeben, dass die Kollektion Heritage Black Bay fortan mit hauseigenen Werken ausgestattet wird. Anhand kleiner Unterschiede auf dem Zifferblatt ist ersichtlich, ob eine Black Bay ein Standard- oder ein Manufakturwerk enthält. Die überarbeitete Kollektion trägt einen horizontalen Schriftzug auf dem Zifferblatt, während frühere Modelle einen geschwungenen Schriftzug auf 6 Uhr hatten. Neben dieser Neuauflage wurde auch eine Version der Black Bay in Bronze und eine mit schwarzer PVD-Beschichtung vorgestellt.

Tudor Black Bay Dark & Bronze
Tudor Black Bay Dark & Bronze, Bild: © Bert Buijsrogge

Das Schöne an all diesen Neuheiten ist, dass Tudor sich dabei immer noch auf die authentische Rolex/Tudor-Tradition bezieht. In den 70er-Jahren belieferte Tudor die französische Marine mit der Submariner mit „Snowflake“-Zeiger, aber ohne Armband. Die Taucher der Marine Nationale waren dafür bekannt, Fallschirmgurte als elastische Armbänder zu verwenden. Das erhöhte den Tragekomfort und ermöglichte, die Uhr leichter an das Handgelenk bzw. den Taucheranzug anzupassen. Diese Geschichte diente als Inspiration für das neue Armband der Black Bay Bronze, das neben einem gealterten Lederband als Extra erhältlich ist.

Die PVD-Version namens Black Bay Dark trägt ein rotes Dreieck auf der Lünette und einen roten Schriftzug auf dem Zifferblatt: Details, die klar auf die Submariner-Modelle der 50er und 60er verweisen. Gemäß der Tradition, Details aus der Vergangenheit zu integrieren, ist die Black Bay Dark auch mit einem Edelstahlband ohne Endglieder erhältlich, das stattdessen über einen Metallstift an der Uhr befestigt ist. Diese Besonderheit gab es bisher nur bei der Tudor Submariner mit der Referenz 7923 aus den 50er-Jahren. Darüber hinaus hat Tudor bei den regulären Black Bay Modellen das genietete Metall-Armband wieder eingeführt. Früher bestand das Armband der Oyster aus zusammengenieteten Gliedern.

Neben den verschiedenen Heritage-Modellen, die einen eindeutigen Bezug zur Unternehmensgeschichte haben, hat Tudor seine Kollektion kürzlich um sportliche Uhren, wie die Fastrider-Kollektion, erweitert und einige komplett neue Modelle entworfen, die ein anderes Publikum ansprechen sollen. Dieser „Rolex des kleinen Mannes“ ist es sehr gut gelungen, eine Kollektion zusammenzustellen, die klar der Tradition verschrieben ist, diese aber mit modernen Techniken und Materialien für die heutige Zeit neu interpretiert. Es werden sicherlich viele Uhrensammler mit Begeisterung und Neugier verfolgen, welche Richtung Tudor in naher Zukunft einschlagen wird.


Über den Autor

Bert Buijsrogge

Ich arbeitete 15 Jahre in der Immobilienbranche. In den letzten Jahren habe ich meine Leidenschaft für Uhren und Fotografie dann zum Beruf gemacht. Ich habe mich …

Zum Autor

Aktuellste Artikel

cartier-rotonde-2-1
16.04.2024
Marken
 5 Minuten

Drei Cartier-Modelle, die Sie sich definitiv anschauen sollten

Von Thomas Hendricks
Die Geschichte der Tudor Submariner
23.01.2024
Marken
 4 Minuten

Die Evolution der Tudor Oyster Prince Submariner im Laufe der Jahre

Von Aaron Voyles

Featured

ONP-929-Donatos-Uhrensammlung-2024-2-1
 5 Minuten

Das Beste für 24.000 EUR: Donatos perfekte Uhrensammlung für 2024

Von Donato Emilio Andrioli
10-best-watches-under-2000-1-1-2-1
Top 10 Uhren
 5 Minuten

Die zehn besten Uhren unter 2.000 EUR

Von Donato Emilio Andrioli
Jorgs Uhrensammlung für unter 24.000 EUR
 4 Minuten

Das Beste für 24.000 € im Jahr 2024: Jorgs perfekte Uhrensammlung

Von Jorg Weppelink
10-best-watches-under-2000-1-1-2-1
Top 10 Uhren
 5 Minuten

Die zehn besten Uhren unter 2.000 EUR

Von Donato Emilio Andrioli