Das Jahr 2023 nähert sich dem Ende und das ist der perfekte Anlass, um das Uhrenjahr 2023 Revue passieren zu lassen. Doch anders als Sie es vielleicht vermuten, möchte ich diesmal nicht über die Publikumslieblinge der Uhrenwelt sprechen, sondern über die Uhren, die im Jahr 2023 weniger Aufmerksamkeit erhalten haben, als sie verdient hätten. Hatten Sie diese Neuheiten auf dem Schirm? Oder haben Sie diese auch nur am Rande wahrgenommen?
Im Schatten der Black Bay 54: Tudor Black Bay 31/36/39/41
Für Tudor-Fans hätte das Jahr 2023 kaum besser sein können: Mit der neuen Tudor Black Bay Metas hat die Rolex-Schwester ihren Taucheruhren-Klassiker auf die nächste Evolutionsstufe gebracht. Die Tudor Black Bay 54 hat einen Nerv getroffen. Vielleicht etwas zu sehr, denn im Schatten der 37 mm kleinen Taucheruhr hat eine andere Tudor-Neuheit kaum Aufmerksamkeit bekommen: die neue Tudor Black Bay in 31 mm, 36 mm, 39 mm und 41 mm.
Im Vergleich zu anderen Uhren gibt es deutlich weniger Reviews oder Berichte zur 2023 erschienenen Neuheit zu sehen. Schade eigentlich, denn die neue Variante der formellen Tudor Black Bay hat einiges zu bieten. So hat die Allround-Uhr nicht nur einen neuen Anstrich in Form von neuen, schönen Sunburst-Zifferblättern erhalten, sondern auch ein neues Manufakturwerk – das war bei der nun eingestellten Vorgängerversion noch nicht der Fall.
Neu ist auch das fünfgliedrige Armband samt verstellbarer T-Fit Schließe, welches frappierend an das Jubilee-Band des großen Bruders erinnert und über eine unglaubliche Haptik verfügt. Mit einem Preis von circa 4.000 EUR ist die Tudor-Neuheit eine hervorragende günstigere Alternative zur Rolex Oyster Perpetual und ein toller Allrounder für alle Gelegenheiten. Lassen Sie sich nicht von der geringen Aufmerksamkeit für die gelungene Uhr täuschen, die neue formelle Tudor Black Bay ist unter Uhrenfans ziemlich beliebt – auch deshalb ist sie in den Schaufenstern der Juweliere kaum zu sehen.
Mit großer Verspätung: Omega Seamaster Aqua Terra „Shades“
Die Omega Seamaster Aqua Terra „Shades“ wurde zwar bereits im Jahr 2022 veröffentlicht, doch von der Uhr fehlte lange Zeit jede Spur. Weder online noch bei Juwelieren konnte die Neuheit begutachtet, geschweige denn gekauft werden. Gerüchten zufolge war Omega mit dem Endprodukt nicht hundertprozentig zufrieden und wollte aus diesem Grund die eine oder andere Änderung am Design vornehmen.
Circa ein Jahr und mehrere Preisanpassungen später war es dann jedoch endlich so weit und die Uhr wurde still und leise veröffentlicht. Ich hatte die Omega Seamaster Aqua Terra „Shades“ überhaupt nicht mehr auf dem Schirm und staunte nicht schlecht, als ich sie völlig zufällig in einem Schaufenster sah und selbstverständlich sofort anprobieren musste. Der Gehäusedurchmesser von 38 mm ist die perfekte Größe für solch eine Uhr. Das Gehäuse ist nun komplett poliert und das teilpolierte Armband ist eine absolute Wucht – sowohl optisch als auch haptisch. Der absolute Star der Uhr ist jedoch das bunte Zifferblatt. Zwar ist das beliebte und ikonische Teak-Zifferblatt der Standard Aqua Terra nicht vorhanden, dafür gibt es jedoch ein wunderschönes Sunburst-Zifferblatt aus Messing mit einer atemberaubenden Optik.
Egal, ob Sie sich für Rot, Gelb, Grün oder eine der anderen gelungenen Farben entscheiden: Das Zifferblatt, das seinen Ton je nach Lichtstimmung ändert, ist das optische Highlight der Uhr. Technisch ist die Omega Seamaster Aqua Terra „Shades“ dank Metas zertifiziertem Werk ohnehin über jeden Zweifel erhaben, das neue Armband, das polierte Gehäuse und das Messing-Zifferblatt legen aber noch mal eine ordentliche Schippe drauf. Sollten Sie Gelegenheit haben, die Uhr anzuprobieren, dann zögern Sie nicht: Die Omega Seamaster Aqua Terra „Shades“ ist eine der gelungensten Uhren des Jahres 2023.
Der Hype blieb aus: Blancpain X Swatch Scuba Fifty-Fathoms
Können Sie sich daran erinnern, was für Reaktionen die Omega X Swatch MoonSwatch im Jahr 2022 hervorgerufen hat? Davon war bei der Veröffentlichung der Blancpain X Swatch Scuba Fifty-Fathoms kaum noch etwas zu spüren. Klar, Fans und Presse wurden hellhörig, doch gefühlt war nach wenigen Tagen bereits alles vorbei. Das zeigte sich auch an den Warteschlangen vor den Swatch Stores, die nicht einmal halb so lang waren wie bei der MoonSwatch.
Swatch X Blancpain: Nach der Mondlandung erobert Swatch nun die fünf Weltmeere
Was den Hype-Moment angeht, hat die neue Zusammenarbeit zwischen Swatch und Blancpain gegenüber dem Vorgängerprojekt den Kürzeren gezogen. Dabei hat Swatch durchaus auf die Fans gehört und zwei große Kritikpunkte der MoonSwatch ausgemerzt. So kommt die Bioceramic-Fifty-Fathoms nicht nur mit einem Automatikwerk, sondern auch mit einem besseren Nato-Band daher. Dieses harmoniert perfekt mit der Optik der restlichen Uhr und fühlt sich hochwertig an.
Die geringere Aufmerksamkeit dürfte nicht nur am höheren Preis von 390 EUR, sondern vor allem an der Uhr selbst liegen. Während die Omega Speedmaster eine berühmte Uhren-Ikone ist, ist die Blancpain Fifty-Fathoms eher eine Uhr für Kenner und Liebhaber. Wollen Sie sich die legendäre Taucheruhr dennoch zumindest symbolisch in die Vitrine stellen, können Sie trotz ausbleibenden Masseneuphorie zugreifen.
Zeitreise in die Achtzigerjahre: IWC Ingenieur
Im Zuge des andauernden Genta-Trends war es nur eine Frage der Zeit, bis auch eine neue IWC Ingenieur das Licht der Welt erblickt. Schließlich war die IWC Ingenieur in den 1970er- und 80er-Jahren wohl das Spitzenmodell des Schweizer Herstellers und zählt bis heute zu den größten Genta-Ikonen aller Zeiten.
Die IWC-Neuheit bringt alles mit, was sich Genta-Fans wünschen: Ein ikonisches Design, eine auffällige, runde Lünette mit Schrauben, ein integriertes Armband und ein atemberaubendes Zifferblatt, welches den Träger sofort in die Achtzigerjahre zurückreisen lässt. Umso überraschter war ich, dass die IWC Ingenieur verglichen mit anderen Uhren-Neuheiten im Jahr 2023 eher untergegangen ist.
Ist der Genta-Hype vorbei? Oder könnte das geringere Interesse an anderen Dingen liegen? Zum Beispiel am Preis der neuen Genta-Ikone: Der offizielle Listenpreis von knapp 13.000 EUR ist für eine Stahluhr schon eine ziemliche Ansage.
Und dennoch bleibe ich dabei: Die Uhr ist durch und durch gelungen. Die neue IWC Ingenieur ist eine spannende Veröffentlichung, die leider zu wenig Aufmerksamkeit erhalten hat.
Von wegen nicht mutig: Rolex Yacht-Master 42 Titan
Mit der Rolex Oyster 1908 und der neuen Rolex Daytona in Weißgold hat Rolex endgültig bewiesen, dass auch sie durchaus Mut zu Neuem haben. Beide Uhren besitzen einen offenen Gehäuseboden, welcher Ihnen einen Einblick in das Werk und das Innenleben der Uhren gewährt. Das ist etwas, was für viele Fans bis zur Watches and Wonders 2023 unvorstellbar gewesen wäre und auch mich extrem überrascht hat.
Neu in Titan: Rolex Yacht-Master 42
Mit der neuen Rolex Yacht-Master 42 bietet Rolex das Yacht-Master-Modell nun auch erstmals in Titan an. Eine wirklich ungewöhnliche Wahl, wenn Sie mich fragen. Immerhin stand die edle Rolex Yacht-Master immer für Luxus und edle Materialien wie Platin oder Gold. Das dürfte wahrscheinlich auch der Grund sein, warum dieses Sportmodell dieses Jahr kaum wahrgenommen wurde und bei Uhrenfans eher unter dem Radar flog.
Der 42 mm großen Uhr tut das Ganze jedoch keinen Abbruch – diese ist wie immer extrem gelungen, kommt bis auf das neue Material mit der typischen Rolex-Optik daher und ist qualitativ und haptisch erneut über jeden Zweifel erhaben. Fans von Toolwatches werden mit der Rolex-Neuheit ganz sicher ihre wahre Freude haben, und Rolex-Liebhaber müssen sich nicht mehr bei Tudor umsehen, wenn sie nach einer Uhr aus Titan suchen.
Die Rolex Yacht-Master 42 in Titan hat für ein Rolex-Sportmodell erstaunlich wenig Aufmerksamkeit erhalten.